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Alle Rechte beim Institut für Traumatherapie Oliver Schubbe bzw. beim Autor.
Angeregt durch meine eigene Supervisionserfahrung und meine Rolle als Ausbilder für EMDR möchte ich meine Form der Supervision der therapeutischen Arbeit mit EMDR vorstellen. Ich wünsche mir, durch einen kollegialen Austausch zu neuen und weiter verbesserten Konzepten zu gelangen.
Die Grundhaltung der Psychotherapie mit EMDR spiegelt sich auch in der Supervision dieser Tätigkeit
Der Inhalt der EMDR-Supervision unterscheidet sich von üblicher Fallsupervision durch den hohen Stellenwert
Nach einer Darstellung des äußeren Rahmens und des ressourcenorientierten Vorgehens schildere ich in der EMDR-Supervision besonders häufig angesprochene Themen.
Der äußere Rahmen der Supervision beginnt in dem Moment, in dem die zukünftige Supervisandin das erste Mal irgend etwas über den Supervisor hört, meist in Form einer Empfehlung, in einem Vortrag oder einer Veröffentlichung. Da die eigenen Supervisandinnen die wirksamste Mundpropaganda betreiben, ist der wichtigste Beitrag zur Öffentlichkeitsarbeit für den Supervisor wie für EMDR als Methode die tatsächliche inhaltliche Qualität und die Einbettung in eine kongruente professionelle Struktur.
Zum äußeren Rahmen gehört es, in inhaltlichen wie formalen Fragen Orientierung geben zu können. Obwohl Supervision selbst keine heilberufliche Tätigkeit darstellt, setzt sie im Rahmen der EMDRIA-Richtlinien eine solche voraus und erfordert die vorbildliche Einhaltung entsprechender Standards und berufsethischer Bestimmungen. Die Supervision sollte in einem Praxisraum stattfinden, der nicht nur eine wohltuende Atmosphäre, genug Platz, gute Luft, blendfreies Licht und gute Stühle bietet, sondern möglichst auch die technische Möglichkeit, Kassetten und Videobänder abzuspielen. Für die Bewirtung gilt statt therapeutischer Abstinenz das Kriterium optimaler Burnoutprävention.
Der Supervisor bittet jede Supervisandin um die Wahl einer einzigen Supervisionsfrage. Er bietet die Struktur, in der sich die Lösung entwickeln kann. Die Supervisandin soll mit seiner behutsamen Hilfe den Zugang zur eigenen Antwort finden. Anschließend werden die Kenntnisse, Empfindungen, Ahnungen und Einsichten der Gruppe einbezogen, so dass die Antwort zum Schluss nur noch zusammengefasst, präzisiert und ergänzt zu werden braucht. Dabei sollten alle Inhalte auf die ursprüngliche Supervisionsfrage bezogen bleiben und wie maßgeschneidert zur therapeutischen Grundausrichtung und Arbeitssituation der Therapeutin passen.
Der Supervisor ist für die Moderation der Sitzung verantwortlich. Zunächst prüft er die Anwesenheit, leitet nötigenfalls die Vorstellung, vergewissert die Gruppe des äußeren Rahmens und erstellt aus den stichwortartig genannten Anliegen eine einfache Tagesordnung. Fallberichte und andere Anliegen werden nach Themen geordnet und die Zeit so eingeteilt, dass alle zum Zuge kommen. Die Teilnehmerinnen werden ermutigt, ihre Arbeit per Video vorzustellen und ihr Anliegen auf eine einzige Supervisionsfrage zu fokussieren. Lassen sich gestellte Fragen nicht in derselben Sitzung beantworten, können die Supervisanden die nötigen Informationen in der nächsten Sitzung mündlich oder schriftlich nachgereicht bekommen. Rechtzeitig vor dem Ende der Sitzung ist der nächste Termin zu bestätigen und zu prüfen, wer kommen wird. Für den Gruppenprozess ist es günstig, mit einer kurzen Rückmeldungsrunde zu schließen.
Die Beziehung zwischen Therapeutin und Klientin bildet nicht nur das Fundament der Therapie, mit dessen Stabilität alle weitere Arbeit steht oder fällt. Die Beziehung enthält auch gefährliche Fallen sekundären Symptomgewinns und posttraumatischer Reinszenierungen mit dem Risiko bleibender Therapieschäden für Klientinnen und auf der anderen Seite Burnout und Haftungsfolgen.
Bei traumatisierten Klientinnen ist die therapeutische Beziehung meist auch wieder Auslöser für traumaspezifische Übertragungen:
Schließlich geschieht Psychotherapie ähnlich wie viele traumatische Erfahrungen in einer mehr oder weniger vertrauten, räumlich und emotional nahen Beziehung mit einem Machtgefälle in Richtung der Klientin. Die daraus entstehende Gegenübertragung enthält die Reaktionen der Therapeutin
Insofern die Therapeutin selbst in den Symptomgewinn oder die Reinszenierung verstrickt ist, kann sie dies selbst wesentlich schwerer erkennen als außenstehende Kolleginnen. In solchen Situationen spielt die Supervision eine für den Therapieerfolg und das Wohl der Klientinnen unersetzbare Rolle. Es sollte gewissenhaft geprüft werden: Verstärkt die Therapeutin Symptome durch
Während Behutsamkeit, Fürsorge und Verantwortung usw. in ihrer bedingungslosen Form hohe menschliche Werte verkörpern, dürfen sie auf keinen Fall reaktiv auf Symptome eingesetzt werden, um diese nicht systematisch zu verstärken. Eine solche Tendenz ergibt sich jedoch ganz natürlich aus der Gegenübertragung der Therapeutin und erfordert unbedingt eine professionelle Reflexion, wie sie die Supervision bietet.
Wenn die Therapeutin keine ausreichende Gelegenheit hat, solche sekundären Symptomverstärkungen zu erkennen, kann sich das Symptom der Klientin mit der Reaktion der Therapeutin in einem solchen Maße aufschaukeln, dass die Therapie in eine unbewusste Wiederholung der traumatischen Situation gipfelt.
Durch die aktiven Handlungen von Klientenseite ist es für die verstrickten Therapeutinnen oft sehr schwer, die Verantwortung für ihr therapeutisches Handeln zu erkennen.
Bei der Supervision solcher posttraumatischer Reinszenierungen setzt sich die Dynamik der Reinszenierung manchmal in die Dynamik der Supervisionsgruppe hinein fort. Diese gruppendynamischen Spiegelprozesse sollten nicht nur benannt und aufgelöst, sondern die Teilnehmerinnen auch geschult werden, solche Spiegelprozesse in Helfersystemen zu erkennen und anzusprechen, da sie gerade auch außerhalb der Supervision Helfersysteme paralysieren.
Das Thema Burnout ist häufig schambesetzt und sollte deshalb von der Supervisorin aktiv angesprochen und normalisiert werden. Schon ein einfaches Brainstorming über die Möglichkeiten der Supervisandinnen, ihr eigenes Gefühl für die traumatischen Inhalte der Therapie zu betäuben, bringt oft solche und andere Strategien an den Tag:
Unbewusste Bewältigungsstrategien basieren oft auf dem Mechanismus der Dissoziation und sind besonders riskant, da sie die Arbeitsbelastung nur scheinbar reduzieren und jede dauerhaft wirksame Reduzierung der Belastung überflüssig erscheinen lassen.
Eine wirkliche Bewältigung ist jedoch nur durch eine sorgfältige Mischung aus Abgrenzung und emotionaler Verarbeitung möglich.
Gezielt eingesetzte Lehrmodule wirken durch ihre Prägnanz und Kürze. Sie sollen individuell maßgeschneidert nur den Wissensausschnitt vermitteln, der noch unklar ist, und keinesfalls mehr. Wenn eine Supervisandin EMDR nicht angemessen eingesetzt hat, hilft zunächst eine fallspezifische Lösung; damit aber später nicht dieselben Fehler mit anderen Klienten wieder auftreten, soll zu jeder fallspezifischen Lösung sofort die allgemeine Regel mitvermittelt werden. Im praktischen Zusammenhang ist bei allen Teilnehmerinnen die Bereitschaft am größten, die entsprechende Grundregel aufzunehmen. Hierfür ist es sinnvoll, folgende Fortbildungsinhalte für die Supervision mit entsprechenden OH-Folien oder Arbeitsblättern vorzubereiten oder die Themen mündlich zusammenzufassen:
Der Einstieg in den EMDR-Prozess erfordert die Beobachtung des inneren Geschehens. Die Beobachtung erfordert ein Mindestmaß an innerer Distanz. Die Aktualisierung des inneren Geschehens erfordert ein Mindestmaß an emotionaler Assoziation. Reicht die innere Distanz nicht aus, ist eine therapeutische Distanzierung angezeigt.
Shapiro, F. (1998): EMDR - Grundlagen und Praxis: Handbuch zur Behandlung traumatisierter Menschen. Junfermann, Paderborn.
Reddemann, L., Engl, V. & Lücke, S. (2001): Imagination als heilsame Kraft. Klett-Cotta, Stuttgart.
Anschrift des Verfassers:
Oliver Schubbe
Institut für Traumatherapie
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