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Oliver Schubbe

Clinician-Administered PTSD Scale: Auswertung einer deutschen Übersetzung (2006)

Das Erkennen posttraumatischer Störungen stellt besonders hohe Anforderungen an den Diagnostiker. Viele Betroffene können ihre Beschwerden nicht als Symptome einer Krankheit oder Folgen eines Ereignisses sehen. Da das Störungsbild der PTBS durch ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten gekennzeichnet ist, benennen nur wenige Betroffene die Beschwerden und Ereignisse von sich aus (Denis, 2004).

Der CAPS (Clinician-Administered PTSD Scale) ist ein reliables und valides strukturiertes Interview, das die Häufigkeit und Intensität von 17 Symptomen der PTBS erfragt (Blake et al., 1995). Dem Probanden wird zuerst eine Checkliste schwerwiegender Lebensereignisse vorgelegt, und er markiert die auf ihn zutreffenden Punkte. Dann werden für die zwei belastendsten Ereignisse wichtige Zusatzinformationen (Alter, Häufigkeit, beteiligte Personen, Kriterium A der PTB) erhoben und Häufigkeit und Intensität der auftretenden Symptome auf einer fünfstufigen Skala beurteilt.

Zur Überprüfung der Diagnose PTBS bezieht man die Fragen nur auf den letzten Monat und die Lebenszeit und nur bei akuter oder kurzfristig veränderlicher Symptomatik auf die letzte Woche. Erscheint die Validität der Antwort fraglich (QV: questionable validity), wird dies auf der entsprechenden Freizeile stichwortartig vermerkt, z.B. "Klient nennt niedrige Intensität, seine Freundin berichtet jedoch, er sei jede Nacht wach." . Am Ende werden Beginn und Dauer der Symptome und der Grad der subjektiven Beeinträchtigung in wichtigen Lebensbereichen erfasst, sowie Begleitsymptome.

Dem Autor sind drei deutsche Übersetzungen des CAPS bekannt (Karl, 2000; Nyberg et al., 2001; Schnyder et al., 2002). Die Übersetzung von Snyder wurde validiert (Schnyder et al., 2002). Die Stichprobe bestand aus 45 Patienten im Alter zwischen 18 und 65 Jahren, die in der Folge eines Unfalls oder körperlicher Gewalt in die Universitätsklinik Zürich aufgenommen und zwei Tage danach oder später befragt wurden. 32 davon waren Schweizer, vier Deutsche und neun Staatsbürger nicht deutschsprachiger Länder, die bei der Aufnahme ebenfalls Deutsch sprachen.

Der CAPS kann zur Diagnose und Schweregradbeurteilung der PTBS und der akuten Belastungsstörung verwendet werden. Am Ende des Fragebogens befindet sich ein Auswertungsblatt. Es gibt mehrere Auswertungsmöglichkeiten für verschiedene Einsatzzwecke. Der Fragebogen kann entlang der DSM-IV-Kriterien mit Ja/Nein (dichotom) oder mit mehrstufigen Werten für den Schweregrad beantwortet werden. Der Schweregrad wird ermittelt, indem die Werte für Häufigkeit und Intensität addiert werden. In der Regel wird die dichotome Auswertung der Einzelkriterien mit der Einstufung des Summenrohwerts kombiniert.

Solange keine ausreichend genauen statistische Kennwerte für die deutschsprachige Übersetzung des CAPS vorliegen, können die Auswertungsanweisungen das amerikanischen Originals eine vorläufige Orientierung bieten. Die Ergebnisse der Schweizer Validierungsstudie (Schnyder et al., 2002) stützen die Hypothese, dass die deutschsprachige Übersetzung von Snyder ähnliche Kennwerte wie die amerikanische Originalfassung besitzt.

Auswertung nach Unterkriterien

Von den neun möglichen Auswertungsvarianten (Weathers et al., 1999) wird hier nur die eine empfohlen, die im therapeutischen Kontext am häufigsten eingesetzt wird. Diese Variante empfehlen auch Nyberg (2001) und Denis (2004).

Ein Unterkriterium gilt als erfüllt, wenn die Häufigkeit mindestens 1 UND der Schweregrad mindestens 2 beträgt.

Wegen der Vielzahl der Auswertungsregeln ist es sinnvoll, die verwendete Regel auf dem Auswertungsbogen zu notieren. Für forensische Zwecke kann es sinnvoll sein, die Ergebnisse mehrerer Auswertungsvarianten anzugeben (Weathers et al., 2004).

Auswertung über den Summenrohwert

In Ergänzung zur zweiwertigen Auswertung wird geprüft, in welche der folgenden Kategorien der Summenrohwert fällt (Weathers et al., 2004). Beträgt der Summenrohwert nicht mindestens 40, so ist das Störungsbild mit großer Wahrscheinlichkeit nicht krankheitswertig ausgeprägt, auch wenn in der dichotomen Auswertung alle Einzelkriterien vorhanden sind.

Interpretationsspielraum des Gesamtwerts
Schweregrad (Gesamtwert) Bedeutung
0-19 Minimale Ausprägung: Keine oder nur einzelne PTBS-Symptome
20-39 Leichte PTBS: nicht krankheitswertig ausgeprägt
40-59 Mittlere PTBS: krankheitswertig ausgeprägt
60-79 schwere PTBS-Symptomatik
80-136 Extrem schwere PTBS-Symptomatik

Auswertung zur Verlaufsmessung

Wir der CAPS zur Einschätzung des Therapieerfolgs eingesetzt, gilt eine Abnahme des Summenrohwerts um 15 oder mehr Punkte als Hinweis auf eine bedeutsame Verbesserung.

Ausblick

Alle genannten Empfehlungen zur Auswertung des CAPS beziehen sich auf das englischsprachige Original. Eine Validierung einer deutschen Übersetzung des CAPS an einer ausreichend großen Stichprobe ist geplant.

Literatur

Blake, D. D., Weathers, F. W., Nagy, L. M., Kaloupek, D. G., Gusman, F. D., Charney, D. S. & Keane, T. M. (1995). The development of a Clinician-Administered PTSD Scale. Journal of Traumatic Stress, 8, 75-90.

Blake, D. D., Weathers, F. W., Nagy, L. M., Kapoulek, D. G., Klauminzer, G., Charney, D. S., Keane, T. M. & Buckley, T. C. (2000). Clinician-Administered PTSD-Scale (CAPS). Instruction manual. Boston/West Haven: National Center for Posttraumatic Stress Disorder.

Denis, D. (2004). Standardisierte Diagnostik bei der Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen in aufenthaltsrechtlichen Verfahren. In: F. Haenel & M. Wenk-Ansohn (Hrsg.). Begutachtung psychisch reaktiver Traumafolgen in aufenthaltsrechtlichen Verfahren. Weinheim: Beltz. 98-126.

Karl, A. (2000). Klinische PTB-Skala für DSM-IV (KPS-TX). Unveröffentlichtes Manuskript, Technische Universität Dresden, Abteilung für Biopsychologie.

Maercker, A. & Bromberger, F. (2005). Checklisten und Fragebogen zur Erfassung traumatischer Ereignisse in deutscher Sprache. Trierer Psychologische Berichte, 32 ( 2).

Neal, L. A., Busuttil, W., Herapath, R. & et al. (1994). Development and Validation of the Computerized Clinician Administered Post-Traumatic Stress Disorder Scale-1-Revised. Psychological Medicine, 24, 701-706.

Nyberg, E. (2001). Posttraumatische Belastungsstörungen und andere psychische Störungen nach schweren Verkehrs- und Arbeitsunfällen. Eine prospektive Studie. Dissertation an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau.

Nyberg, E. & Frommberger, U. (2001). Clinician-Administered PTSD-Scale (CAPS) - deutsche Version. Unveröffentlichtes Manuskript, Universitätsklinik Freiburg, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie.

Schnyder, U. & Moergeli, H. (2002). German Version of Clinician-Administered PTSD Scale. Journal of Traumatic Stress, 15 (6), 487-492.

Weathers, F. S., Ruscio, A. M. & Keane, T. M. (1999). Psychometric properties of nine soring rules for the Clinician-Administered Posttraumatic Stress Disorder Scale. Psychological Assessment, 11, 124-133.

Weathers, F. W., Newman, E., Blake, D. D., Nagy, L. M., Schnurr, P. P., Kaloupek, D. G., Charney, D. S., Keane, T. M. (2004). Clinician-Administered PTSD Scale (CAPS). Interviewer's Guide. Los Angeles: Western Psychological Services.